Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 92

1913 - Leipzig : Hahn
92 gesucht hat, dem soll eine milde Hand geliehen werden, und weil du den Schaden willig gelitten hast, so bist du uns nun wieder ein so guter Amtsbruder nachher wie vorher, sollst wieder dein eigen Werk hauen und dein Salz in Frieden essen. Sollst auch keine Auflage zahlen und nicht die geziemende Kollation ausrichten, sondern nur Gott Zu Lobe in die Kerzen ein Pfund Wachs geben, daß man die Seelen damit begehen möge. Nimm deinen Platz ein in der Reihe, wo er dir zukommt!" „Ich tue mich ganz freundlich bedanken, Amtsmeister und liebe Werkbrüder!" sagte Dippold, und die nächsten schüttelten ihm die Hand. „Nun, Brüder, die andere Bitte!" sprach Meister Gotthard. „Draußen steht ein Böttcherknecht, der seiner selbst werden will. Er ist echt, recht und deutsch und als eines Meisters Sohn zum Hand- werk geboren, denn es ist mein eigener, eheleiblicher Sohn Arnold Henneberg." „Er ist uns willkommen!" riesen ihm die Brüder zu. „Er befreit sich mit einer aus dem Amte," fuhr der Meister fort, „Dippolds Tochter ist seine Braut. Er will nachtun, was jeder andere fromme und ehrliche Amtsbruder vor ihm getan hat, wenn ihr ihm vergönnen wollt, daß er sein Meisterstück macht." „Wir vergönnend", antworteten die Meister. Einer bat um das Wort und sagte: „Brüder, wer bei Gotthard Henneberg das Handwerk gelernt hat, der versteht seine Sache; darum, wenn es euch recht ist, vermeine ich, daß wir unserem Amts- meister zu Dank und Ehre seinen Sohn des Meisterstücks entledigen." „Ja, das wollen wir!" erwiderten viele, aber nicht alle. „Halt, Brüder!" sprach Meister Gotthard, „das leide ich nicht. Wer ein Handwerk treiben will, muß es mit der Hand wirken können und muß es dem Amte beweisen, daß er es kann. Das soll auch mein Sohn Arnold und soll sein Werkstück nicht zierlich und künstlich herausstreichen, sondern gute, aufrichtige Arbeit machen nach Hand- werksgebrauch und Gewohnheit, sonder Arglist und Gefährde. Ist es euch recht, so laß ich ihn rufen." „Wir vergönnend!" antworteten die Meister wieder. „Ich habe dir zu melden, mein Sohn," sprach der Amtsmeister zu Arnold, als dieser erschienen war, „daß die ehrbaren Meister dir auf deine fleißige Bitte das Amt auflassen wollen, wenn du mit deinem Meisterstück unsträfliche Arbeit lieferst, deine Auslage ge- bührendermaßen in die Meisterbüchse zahlen und ihnen eine redliche Kost ausrichten willst nach deiner Vermögenheit." „Ich tue mich ganz freundlich bedanken," erwiderte Arnold, „und will alles tun nach der ehrbaren Meister Begehr und nach Handwerks Gebrauch und Gewohnheit." „Gut, mein Sohn!" sagte der Amtsrichter, „so kannst du wieder

2. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 93

1913 - Leipzig : Hahn
93 deinen Austritt nehmen." Und nachdem Arnold hinausgegangen war, fuhr er fort: „Jetzt, Brüder, ist es an der Zeit, daß ihr euch einen anderen Amtsmeister kürt an meiner Stelle. Ihr habt es wohl schon getan, also nennt mir seinen Namen!" „Altermann Ditmar Elvers!" riefen die Meister. „Ditmar Elvers! Da habt ihr eine gute Wahl getroffen, Brüder!" sprach Gotthard Henneberg. „Ist einer oder anderer, der etwas auf ihn zu sagen hat, der rede jetzt und schweige nachmals." Die Meister schwiegen, und Gotthard Henneberg fuhr fort: „Sie schweigen; keiner hat etwas aus dich zu sagen, Ditmar Elvers; sie wissen nichts als Liebes und Gutes von dir. Gelobst du mir mit handgebender Treue, des Amtes Gerechtigkeit zu richten, zu ver- kündigen und zu handhaben nach deiner höchsten Redlichkeit?" Ditmar Elvers reichte Gotthard Henneberg seine rechte Hand, umfaßte mit der linken dessen Schwert da, wo es aus der Scheide heraussah und sprach: „Ja, ich gelobe es im Namen Gottes und der heiligen Dreifaltigkeit." „So stehe von der nächsten Morgensprache an du hier, Ditmar Elvers," sagte Gotthard, „und walte deines Amtes nach Pflicht und Gewissen, nach der Herren Wort und der Meister Eid, auf daß die Brüder mit dir zufrieden sind und dermaleinst deinen Namen segnen!" „Es soll geschehen, Bruder Amtsmeister," erwiderte der Gekorene. „Und nun, liebe Brüder, komme ich endlich zu meiner letzten Bitte," sprach Gotthard, nahm den hinter ihm auf einem Stuhl liegenden hohen Zinnbecher aus seiner Hülle heraus und stellte ihn vor sich aus den Tisch. „Ich bitte euch, dieses handliche Trinkgeschirr mit Dank anzunehmen zum freundlichen Gedächtnis an euren lang- jährigen Amtsmeister." Da äußerten sie laut ihre Freude über die blinkende Gabe. Ditmar Elvers trat vor und hielt eine Ansprache, worin er namens des versammelten Handwerks dem Sülfmeister*) Dank sagte, nicht nur für das schöne Geschenk, sondern mehr noch für die treue Führung seines Amtes, aus dem sie ihn ungern scheiden sähen. Gotthard Henneberg erwiderte: „Als Amtsmeister muß ich meinen Urlaub von euch nehmen, aber es soll kein Abschied sein; denn wir bleiben zusammen. Ich bin aus Gunst und gutem Willen eines hoch- edlen Rates euer Morgensprachsherr geworden an Stelle des Herrn Heinrich Viskula, der ja nun unser erster Bürgermeister ist." Darüber jubelten die Werkbrüder und wünschten ihrem neuen Morgensprachsherrn und sich selber viel Glück dazu. Hieraus schloß Gotthard Henneberg nach den üblichen Fragen und Antworten die Lade und so auch seine letzte Morgensprache. *) Besitzer eines Anteils am Salzwerke. Jul. Wolfs.

3. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 195

1913 - Leipzig : Hahn
195 fährt der Kleine endlich aus seinem Nachdenken auf, sieht mich groß an und fragt mit gezogenem Tone: „Wollen Sie hier im Hause jemand sprechen?" Verdrießlich, daß ein solches Männchen es wage, mich ohne weitere Umstände anzureden, entgegnete ich in ziemlich hochtrabender Weise: „Ich habe ein Geschäft mit dem Hause Mohrfeld." Der Kurze lächelte einen Augenblick und sagte dann ziemlich ernst: „Ich bin Mohrfeld." Wie? Und von diesem Manne, der seine Fische selbst einkaufte und in einem abgeschabten Oberrocke einherging, sollte mir Hilfe kommen? — Aber es war der einzige Hoffnungsanker, nach dem ich greifen konnte; ich riß also blitzschnell den Hut herunter und sagte mit so einnehmendem Wesen, als es mir möglich war: „Verzeihen Sie! — Ich hatte bis jetzt nicht die Ehre — ich habe", hier zog ich die Brieftasche — „ein Schreiben zu überreichen." Herr Mohrseld unterbrach mich: „Jetzt nicht; nachher werde ich Sie sprechen im Kontor, Sie müssen aber etwas warten. Kommen Sie!" — Er trat in das Haus und ich hinter ihm drein. Auf der Vordiele war ein reges Leben, zwei große Wagschalen hingen von der Decke herab, mehrere Quartiersleute schleppten Kaffeesäcke heran, die sämtlich gewogen wurden, ein Kommis stand mit einer Schreibtafel dabei. Herr Mohrfeld sah eine Weile schweigend zu und wollte weiter gehen, als einer der Leute seinen Sack etwas unsanft zu Boden warf, sodaß dieser platzte und die Bohnen weit umherflogen. „Was ist das für eine liederliche Wirtschaft!" fuhr der Herr grimmig auf; dann aber bückte er sich und half emsig die zerstreuten Bohnen aufsammeln, wobei er in Zwischenräumen folgendes sprach: „Sammelt mir hübsch alles auf, und steckt es wieder in den Sack hinein — dann soll die schadhafte Stelle ausgebessert werden. — Sic, Herr Möller," — hierbei sah er den Kommis an — „werden den Sack besonders nachwiegen lassen, und wenn etwas an dem Gewicht fehlt, be- rechnen Sie's und schreiben Sie es dem unvorsichtigen Menschen zur Last, es soll ihm am Wochenlohne abgezogen werden." „Das ist doch hart," meinte jener, „so ein paar Bohnen —" „Paar Bohnen?" entgegnete der Kaufmann, „wer das Kleine nicht ehrt, ist des Großen nicht wert; aus achtundvierzig Schillingen besteht ein Taler, und zu einem guten Weinjahre gehören viele warme Tage. Also nicht der Mühe wert? Unachtsamkeit ist ein großer Fehler und der Ruin eines ordentlichen Geschäftes. Herr Möller, sobald der Mann noch eine einzige, auch die kleinste Unachtsamkeit begeht, lohnen Sie ihn auf der Stelle ab, ich mache Sie verantwortlich!" „Großer Gott," dachte ich, „um einer Hand voll Kaffeebohnen willen einen Mann außer Brot setzen, wie hart, wie grausam! Wie wird es mir ergehen!" Ein junger Mensch, mit der größten Eleganz gekleidet, kam aus dem Kontor, verneigte sich vor Herrn Mohrfeld und wollte zur Tür hinaus, aber auf einen Wink seines Prinzipals stand er still. „Wie sehen Sie denn aus?" ftagte der Kaufmann unwillig, „ist 13*

4. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 281

1913 - Leipzig : Hahn
281 Terrassen gegen die Elbe kehren sollte. Der Zwinger bildet ein 250 Meter langes und 100 Meter breites Viereck, dessen weiten Raum ein langer Slulengang mit sechs Kuppelgebäuden und drei Prachttoren umschließt und in dessen Mitte seit 1843 das Denkmal Friedrich Augusts des Gerechten, ein Werk Rietschels, aufgestellt ist. . Verschiedene Sammlungen, wie der mathematisch-physikalische Salon, das Naturalienkabinett, das geologische Museum u. a., sind in den Zwinger- bauten untergebracht. In der Gemäldegalerie, in der sich die herr- lichsten Ölgemälde fremder und deutscher Meister, namentlich älterer Schulen, bcsinden, bewundern wir vor allem Raffaels Sixtinische Madonna, die einst für zwanzigtausend Dukaten angekauft wurde. Die Mutter Gottes schwebt mit dem Kinde auf dem Arme aus den Wolken, die sich zu lauter Engelsköpfen gestalten, hernieder, um den heiligen Sixtus und die Barbara zu segnen. Als Seitenstück zur Madonna von Raffael besitzt die Galerie, die ebenfalls viel bewunderte Madonna von Holbein. Von den übrigen älteren Meisterwerken seien nur noch hervorgehoben die „Heilige Nacht" von Correggio und Tizians „Zinsgroschen". In den letzten Jahrzehnten sind auch neuere Werke angekauft worden, besonders solche von Dresdner Künstlern, und es hat die Galerie auf diese Weise eine sehr schätzenswerte Bereicherung erfahren. Eine hervorragende Stätte der Kunst ist das neue, von Semper erbaute Hoftheater, eins der schönsten Theater der Welt, eröffnet am 3. Februar 1878. Nun wenden wir uns der Brühlschen Terrasse zu. Schwerlich mird man in der Mitte einer andern Stadt einen gleich bequemen, schattigen Spazierweg wiederfinden, der hoch über dem Ufer eines Stromes sich hin- zieht und die buntesten Bilder darbietet. Auf den einundvierzig Stufen einer schönen, 13 Meter breiten Freitreppe steigt man zu dem Brühlschen Garten empor. Gegenwärtig ist der Terrasse ein neuer Schmuck in den Akademie- und Ausstellungsgebäuden erstanden, die den bildenden Künsten gewidmet sind. In dem Albertinum haben die Werke der Bild- hauerkunst alter und neuer Zeit Aufstellung gefunden. Zwischen und neben den Neubauten erblickt man in schlichter, aber dennoch vorzüglicher Aus- führung die Denkmäler der Meister Rietsche! und Semper. Wundervoll nimmt sich das auf einem Vorsprunge der Terrasse erbaute, weltbekannte Belvedere aus, der Sammelpunkt für „alle Welt", besonders anziehend, wenn es bei Nacht im Glanze einer feenhaften Beleuchtung weit in das Elbtal hinausstrahlt. Gegenüber der Terrasse erheben sich am jenseitigen Elbufer, dem Königsufer, die vereinigten Gebäude der Ministerien, von denen das eine dem Finanzministerium zugewiesen ist, das andere die Ministerien des Kultus und öffentlichen Unterrichts, das Ministerium des Innern und der Justiz in sich birgt. Auf der Altstädter Seite steht als Abgrenzung der Terrasse das Zeughaus. Imponierend und gewaltig ragt unweit der Terrasse die Kuppel der herrlichen Frauenkirche empor. Ihr Schöpfer war Georg Bahr, ein schlichtes, sächsisches Dorfkind, im Jahre 1666 zu Fürstenwalde im Erz-

5. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 381

1913 - Leipzig : Hahn
381 „Schand' keine", sagte ich und wendete mein Auge nicht von den Zeilen, die zum Teil gedruckt und zum Teil geschrieben waren, „da schon eher eine Ehr'. Stellen muß ich mich." Der Zettel lautete: Vorrusung. Rosegger, Peter, Haus-Nr. 18 in Alpel, im Jahre 1843 geboren, von der Gemeinde Krieglach, hat behufs seiner Militärwidmung am 14. März 1864, vormittags 8 Uhr am Assentierungsplatze zu Bruck rein gewaschen und in gereinigter Wäsche verläßlich zu erscheinen, widrigens rr als Rekrutierungsflüchtling behandelt werden und sich die diesfälligen gesetzlichen Folgen zuzuschreiben haben würde. Kindberg, den 15. Februar 1864. (Los-Nr. 67. Der k. ?. Bezirksvorsteher. Altersklasse I.) Weftreicher m. p.*) Jetzt war schon auch die Mutter da. Sie konnte es nicht glauben. — Wie lang tät's denn her sein, daß ich Ueber (kaum) ein Halterbübl wär' gewesen. Und jetzt auf einmal Soldat! „Noch ist er's nicht", sagte mein Vater. „Lass nur Zeit", er- widerte die Mutter. „Und schau ihn nur an. Den schicken sie dir nicht mehr heim. Jesus Maria, und die Brust wachst sich jetzt auch aus. Dein schmales Brüste! ist mir allerweil mein Trost gewesen. Daß du letzt' Jahr aber gar soviel daher gewachsen bist!" Ich war aus dem Bett gesprungen, wußte aber nicht, wie ich mich gegen den Vorwurf der trostlosen Mutter verteidigen sollte. Bis zum 14. März waren noch mehrere Wochen. Die Mutter wollte, daß ich gar nicht mehr auf die Ster**) gehen, sondern zu Haufe bleiben sollte, damit sie mich die kurze Zeit noch um sich hätte. Mein Lehrmeister war immer gütig, er gab ihr nach. Sie verlor sich in Sinnen und Plänen, wie sie mir diese Zeit, die letzte, die ich um sie sein sollte, angenehm machen könne. Sie besann sich auf all meine Lieblings- speisen. Sie sprach die Botengeherin an, daß sie ihr rote Rüben und gettocknete Kirschen verschaffe, Dinge, die meinem Gaumen damals zur Lust gewesen sind. Sie streute den Hühnern Hafer über Hafer vor und »uchte ihnen zu bedeuten, daß ihnen den ganzen nächsten Sommer über die Pflicht erlassen sei, nur jetzt in dieser großen Zeit sollten sie Eier legen, sonst wisse sie sich nicht anders zu helfen als Kopfabhacken; denn der Kaiserliche, wenn er keine Eierspeise kriege, so esse er auch gebratene Hühner, und wären sie noch so alt und zäh; man glaube nicht, was so ein junger Mensch, der just im Soldatwerben ist, für Zähne hat! Ich nahm damals, als die Rekrutierung bevorstand, die Güte der Mutter ziemlich gleichgültig hin, und anstatt bei ihr zu Hanse zu bleiben, ging ich zu den Nachbarn und machte Gemeinschaft mit den Burschen, welche, wie ich, die Vorrusung erhalten hatten. *) manu propria, mit eigener Hand. **) Stubenarbeit.

6. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 49

1913 - Leipzig : Hahn
49 und rechtlichen Mann zu deinem Einnehmer und bitte ihn dabei — nicht aus Mißtrauen, sondern wegen Lebens und Sterbens — um zwei Zeilen Bescheinigung über geschehene Einzahlung. Aber noch eins! Hat dir mein Sprüchlein „Spare was, so hast du was!" das Sparen angeraten, so gerate doch nicht aufs Geizen, sondern laß rechts den Geiz und links die Verschwendung liegen und gehe unbe- irrt die edle Mittelstraße der Sparsamkeit. Nach dem „Boiksspiegei". 30. Tu' mir den emsigen Gefallen — Kauf Kapiere! Eins aus dem Leben. Ich hatt' einen Kameraden. Zu diesem ging ich eines Tages, es war im Herbste 1872, und sprach, zur Tür hineinstolpernd: „Weißt du was Neues, Philipp? Heiraten werd' ich!" — „Wa —? Was wirst du?" — „Heiraten!" — Der Philipp war auf dem Leder gelegen. Jetzt richtete er sich sachte auf in seiner ganzen Länge, er war ziemlich lang, und sprach: „Heiraten? du? — Hast du denn Geld, wenn du heiraten willst?" — „Aber natürlich." — „Na, setze dich zu mir und erzähle!" Er machte mir neben sich Platz auf dem Leder. Ich dachte, jetzt wird er alles wissen wollen, wann wir uns kennen gelernt, ob sie blond ist oder schwarz und wie alt und wie groß? Und ob ich denn keine Photographie von ihr mit hätte? Auf solche Fragen wäre ich wohl gr- rüstet gewesen. Er aber legte mir seinen Arm um den Nacken, lachte mir mit seinem breiten Gesicht in die Augen und sagte: „Aber Junge! Davon wußte ich ja kein Wort, daß du Geld hast. Wo hast du es denn?" — „In der Sparkasse." — „Viel?" — „An zweitausend Gulden!" — Er tat einen lustigen Pfiff und rief: „Ah, da schau man her! — Und damit willst du jetzt heiraten." — „Im nächsten Frühjahr." Er klöpfelte mit der Stiefelspitze auf der Diele und setzte bei: „Weißt, Freund, ich an deiner Stelle möchte meine Braut überraschen und ihr am Hochzeitstage statt zweitausend Gulden das Dreifache vor- legen. Das Dreifache, verstehst du? Und spielend, ohne daß du einen Finger weiter zu rühren brauchst." — „Was meinst du? Heraus damit l" Philipp schob seine Hände in die Hosentaschen und lehnte sich aufs Sofa zurück. „Junger Mann," sagte er, „ich will dir was erzählen. Ich habe gestern mein Landgut verkauft. Es ist schändlich, was so ein Landgut trägt. Nicht drei Prozente, sage ich dir. Ich schlug's noch leidlich los um fünfunddreißigtausend, nicht gerade glänzend, aber das macht nichts, um so vorteilhafter legt sich jetzt das Bargeld an. Ich komme soeben von der Bank. Siehst du?" Er zog aus seiner Brusttasche ein Paket Papiere, Wertpapiere. „Nach ein paar Monaten können sie das Doppelte wert sein, das Drei-, Vierfache. Du — man hat keine Ahnung, was da heutzutage zu machen ist!" Er blickte auf seine Taschenuhr, es war eine goldene. „Jetzt ist es zehn Uhr. Um zwölf Uhr wird die Sparkasse gesperrt." — „Nein, um ein Uhr", wußte ich. — „Gut, also um ein Uhr. So hast du noch Lesebuch f. Fortbildungsschulen rc. Nllg. Teil. 4

7. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 91

1913 - Leipzig : Hahn
91 gebildet war. Damit ausklopfend gebot er Stillschweigen und sprach dann: „Brüder, ich frage euch, ist es wohl so fern am Tage, daß ich mag hegen und halten eine hohe Morgensprache?" Altermann Ditmar Elvers antwortete ihm: „Dieweil die Sonne scheint über Bäume, Berg und Tal, Blumen und Gras, so ist es wohl so fern am Tage, daß du magst hegen und halten eine hohe Morgensprache." 'Der Amtsmeister fragte: „Was soll ich denn verbieten in dieser hohen Morgensprache?" Der Altermann antwortete: „Hader und Zank, Scheltwort und Unlust." Der Amtsmeister sprach: „So verbiete ich denn Hader und Zank, Scheltwort und Unlust zum ersten, zum andern und zum dritten Male. Wer zu reden hat, der rede mit Bescheidenheit und halte Frieden mit Hand und Mund, damit er schone seines Geldes." Er öffnete die vor ihm stehende Lade, eine sauber gearbeitete Eichentruhe mit krausen Eisenbeschlägen, welche die Urkunden enthielt, entgürtete sich seines Schwertes und legte es, die Klinge eine Spanne lang aus der Scheide gezogen, vor sich auf den Tisch. Dann hub er an: „Hochachtbare, fürsichtige Meister! Günstige und liebe Werk- brüder! Ich stehe als Amtsrichter unserer ehrbaren Böttcher- gilde heute zum letztenmal hier, wo ich so manches Mal gestanden habe, wenn Rat, Recht, Amt und Gilde gehalten wurden, und ich will wünschen und hoffen, daß ich euch mit aller Billigkeit und Ehr- barkeit zu Dank gedient habe und zu guter Nachrede. Ich übergebe euch Rollen und Briefe, Regiment und Büchse, Kerzen, Gezierde und Kleinodien mit reinen Händen, und unsere Rechnung stimmt. Da ich nun von euch scheide, werdet ihr mir wohl ein paar inständige Bitten nicht verübeln und versagen. Erstlich ist es meine Bitte und Meinung, daß wir aus sonderlicher Gunst und Gnade unseren ehe- maligen Werkbruder Allhard Dippold, obwohl er von den drei Jahren, die er des Amtes quitt und verfallen fein sollte, erst zwei verbüßt hat, weil er sich aber brav gehalten, mir auch aus meiner Not geholfen hat, und aus anderen beweglichen Ursachen wieder in Amt und Ehren unter uns aufnehmen. Seid ihr einverstanden, Brüder?" „Jawohl!" riefen sie, „wir vergönnend!" „Dann, Bruder Amtsbote," wandte sich Gotthard an den jüngsten Meister, „sei so gut und rufe Dippold herein; er wartet draußen." „Allhard Dippold," redete er dann den etwas befangenen Ein- tretenden an, „kraft des ganzen Handwerks verkündige ich dir, daß wir dir den Rest der Buße, die wir über dich verhängen mußten, auf daß ein anderer sich daran stoße, erlassen und uns wieder mit dir vergleichen und vertragen wollen. Es ist dir kümmerlich ergangen, und wen der allmächtige Gott mit Kreuz und Beschwerung heim-

8. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 176

1913 - Leipzig : Hahn
176 wir hervorheben: wer später einmal im Leben bestehen will, muß schon in der Jugend seine Aräfte stählen, was dem zukünftigen Geschlechte aber am meisten nottut, das ist eine bessere allgemeine, kaufmännische und technische Bildung, wie ste den Lehrlingen in der Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschule und in der Werkstatt eines tüchtigen Meisters zuteil wird. Man muß daher die Zeit der Ausbildung in der rechten weise benutzen; denn eine tüchtige, um- sichtige Persönlichkeit findet überall Raum, sich zu betätigen und sich Geltung zu verschaffen; sie ist nicht so haltlos verloren wie diejenige, die 5chule und Werkstatt mit ungenügender Ausbildung verläßt. Nach Bücher. 80. Bildet Genossenschaften! Der Kunstfertigkeit der menschlichen Hand verdankt das Hand- werk seine Blütezeit. Aber was vermag heutzutage die geschickte Hand gegen die Maschine, die, mit äußerster Genauigkeit und Sicherheit arbeitend, weit besser sägt, bohrt, locht und schneidet, als das je einem Menschen möglich ist! Was bleibt da dem armen Handwerker noch zu tun übrig? O, noch sehr viel! Der Uhrmacher Lenz, den uns Berthold Auerbach in seiner Schwarzwaldgeschichte „Edelweiß" schildert, ver- zagte auch nicht, als er erfuhr, daß in seinem Orte eine große Uhren- fabrik errichtet werden sollte. Wie in Amerika würde man jetzt Uhren machen, hieß es, an denen man keinen Feilenstoß sehe, alles schaffe man durch Pressen nüt Maschinen. Der ruhige Lenz aber suchte jetzt ins Werk zu setzen, was er lange schon geplant. Seine Ansicht war: Die Arbeitsteilung allein kann helfen. Die Achsen, Räder und Triebe, die Gesperrfedern und Schrauben lassen sich fabrikmäßig billiger und genauer Herstellen. Die Zusammensetzung bleibt dann immer noch den Meistern; dazu gehören allein Menschenverstand und Bedacht. Die Teile aber sollen alle Uhrmacher der Gegend in der Fabrik Herstellen lassen. Weil sich aber eine Maschine nicht nach dem Gutdünken jedes einzelnen einrichten läßt, so ist es not- wendig , daß man sich aus fünf Größen einigt, in denen die Uhren fortan herzustellen sind. Ist aber erst in dieser Hinsicht eine Einigung erzielt, so wird sehr leicht eine gemeinschaftliche Fabrik eingerichtet werden können. Die einzelnen Meister werden noch an der fabrik- mäßigen Herstellung der Uhrteile einen Gewinn statt des Schadens haben. Lenz wollte also eine Genossenschaft von Uhrmachern gründen, um die Vorteile des Maschinenbetriebes für sein Handwerk auszu- nutzen, ohne daß der bisherige Meister seine Selbständigkeit aufzu- geben brauchte. Aber trotz aller Bemühungen kam die erhoffte Einigung nicht zustande, wie auch heutigestags eine Einigung unter den Handwerkern

9. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 273

1913 - Leipzig : Hahn
273 Am enteren ^aferccmde. Es ist das kleinst« Vaterland der größten Liebe nicht zu klein; je enger es dich rings umschließt, je näher wird's dem Kerzen frin. 83. Müller. 121. Zachsrnlied. Ven König segne Gott, den er zum Heil uns gab, ihn segne Gott! Ihn schmücke Ruhm und Ehr', ihn fiieh der Schmeichler Heer! Weisheit steh' um ihn her, ihn segne Gott! wie Kinder liebt er uns als Vater seines Volks, er unsre Lust, wir sollen glücklich sein, von uns geliebt zu sein, kann nur sein Herz erfreun; ihn segne Gott! Gib ihm gut Regiment, dem Lande Fried' und Ruh', den Waffen Sieg! Er ist gerecht und gut in allem, was er tut, schont seiner Sachsen Blut; ihn segne Gott I Auf, biedre Sachsen, schwört, dem König treu und fromm und gut zu sein! Eintracht sei unser Band I Dies schwöret Hand in Hand! Dann singt das ganze Land: Ihn segne Gott! 122. Kronprinz Albert und das Königlich Sächsische Armeekorps in den Jahren 1870 und 1871. Unter den großen Feldherren, welche die deutschen Truppen im Kriege von 1870 bis 71 von Sieg zu Sieg führten, steht Kronprinz Albert von Sachsen mit obenan. Als Befehlshaber des sächsischen Heeres fand er am 18. August 1870 in der blutigen Schlacht bei Gravelotte zuerst Gelegenheit, seine treffliche Begabung als Feldherr aufs glänzendste zu bewähren und die große Kriegstüchtigkeit und hervorragende Tapferkeit seiner Truppen im hellsten Lichte zu zeigen. Schon früh um 53/4 Uhr waren sie durch Mars -la-Tour gezogen und hatten den linken Flügel der großen Armee eingenommen. Gegeu Ivi% Uhr führte der Kronprinz seine Truppen gegen das Dorf St. Marie aux Chenes, das von den Franzosen mit furchtbarer Wut verteittgt wurde. Sieben Bataillone wurden zum Angriff bestimmt; ohne das feindliche Feuer zu erwidern, gingen diese im Verein mtt preußischen Garden nach 3 Uhr unverweilt zum Laufschritt über und stürzten sich mit weithin schallendem Hurraruf dem Ziel entgegen. Die Verteidiger vermochten dem ungestümen Andränge nicht standzuhalten; sie ließen diesen wichtigen Puntt dem Angreifer, der noch einige hundert Mann zu Gefangenen machte. Aber die schwerste Arbeit war noch zu tun. Es galt, die Hauptstellung des Feindes, das Dorf Sr. Privat, zu erstürmen. Während die preußischen Garden von Westen her den Feind beschäftigen, zog Kronprinz Albert seine Lesebuch s. Fortbildungsschulen rc. Mg. Teil. Hz
   bis 9 von 9
9 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 9 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 1
4 0
5 6
6 0
7 0
8 0
9 1
10 0
11 0
12 0
13 0
14 0
15 0
16 0
17 0
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 0
24 0
25 0
26 0
27 0
28 1
29 0
30 0
31 0
32 0
33 0
34 0
35 0
36 0
37 8
38 0
39 4
40 0
41 0
42 0
43 0
44 0
45 1
46 0
47 0
48 0
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 0
4 0
5 0
6 0
7 0
8 0
9 0
10 0
11 0
12 0
13 1
14 0
15 0
16 1
17 5
18 0
19 1
20 0
21 0
22 0
23 0
24 0
25 0
26 0
27 0
28 0
29 0
30 0
31 0
32 1
33 0
34 0
35 0
36 2
37 0
38 0
39 2
40 1
41 0
42 0
43 0
44 0
45 3
46 0
47 0
48 0
49 0
50 0
51 1
52 1
53 0
54 0
55 0
56 0
57 0
58 0
59 0
60 0
61 0
62 0
63 0
64 0
65 0
66 0
67 0
68 0
69 0
70 0
71 0
72 0
73 0
74 0
75 0
76 1
77 0
78 0
79 0
80 0
81 0
82 0
83 0
84 0
85 0
86 0
87 5
88 0
89 0
90 0
91 0
92 3
93 0
94 5
95 0
96 0
97 0
98 1
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 21
1 153
2 4
3 57
4 1
5 45
6 20
7 39
8 3
9 1
10 0
11 111
12 103
13 6
14 31
15 2
16 0
17 22
18 0
19 26
20 7
21 8
22 0
23 0
24 14
25 20
26 4
27 0
28 2
29 17
30 0
31 8
32 13
33 64
34 12
35 19
36 15
37 0
38 2
39 128
40 1
41 1
42 6
43 47
44 1
45 10
46 10
47 37
48 1
49 0
50 59
51 63
52 353
53 21
54 40
55 1
56 0
57 0
58 0
59 68
60 42
61 3
62 24
63 0
64 1
65 26
66 10
67 17
68 6
69 0
70 12
71 22
72 2
73 1
74 0
75 18
76 36
77 1
78 310
79 0
80 3
81 145
82 9
83 42
84 3
85 0
86 39
87 32
88 2
89 5
90 16
91 9
92 0
93 4
94 15
95 47
96 13
97 0
98 1
99 9
100 69
101 94
102 67
103 6
104 18
105 2
106 4
107 72
108 0
109 22
110 24
111 28
112 5
113 28
114 45
115 1
116 20
117 2
118 0
119 27
120 0
121 39
122 95
123 33
124 49
125 15
126 28
127 15
128 0
129 77
130 20
131 39
132 0
133 123
134 7
135 2
136 93
137 64
138 5
139 29
140 20
141 6
142 9
143 5
144 0
145 4
146 0
147 10
148 1
149 2
150 0
151 19
152 43
153 27
154 108
155 45
156 8
157 6
158 0
159 13
160 13
161 4
162 0
163 0
164 2
165 5
166 11
167 3
168 22
169 12
170 4
171 0
172 5
173 13
174 8
175 59
176 27
177 12
178 26
179 9
180 2
181 0
182 51
183 218
184 21
185 2
186 9
187 0
188 266
189 0
190 0
191 0
192 0
193 27
194 5
195 7
196 78
197 11
198 0
199 20